Donnerstag, 7. Januar 2016

SOUTHPAW ( Antoine Fuqua, 2015)

I'm a fucking mess.  
Southpaw kommt im Gewand eines Boxerfilms daher, ist aber in Wahrheit ein Familiendrama. Den Kern der Erzählung bildet eine Vater-Tochter-Geschichte.

Der Box-Weltmeister Billy Hope erfährt einen tiefen Absturz, als seine Frau Maureen, die im selben Waisenhaus aufgewachsen ist wie er und mit der er seit Teenagertagen liiert ist, bei einem Handgemenge getötet wird, das er nach einer Provokation durch einen seiner Widersacher angezettelt hat. Hope ist zwar ein großartiger Boxer, der vor allem aufgrund seiner unbändigen Aggression seit mehr als 40 Kämpfen ungeschlagen ist, doch ist er im Alltag auf die Führung und Unterstützung seiner Frau angewiesen, die ihm seit Jahren alle Entscheidungen abgenommen hat. Als dieser Fixpunkt wegfällt, stürzt er ins Bodenlose und verliert alles: sein Geld, seinen Weltmeistertitel, seine Boxlizenz, sein Haus und schließlich auch seine Tochter, die unter staatliche Fürsorge gestellt wird, nachdem er durch diverse Alkohol- und Drogeneskapaden auffällig geworden ist. Da seine Tochter das Letzte von Bedeutung in seinem Leben ist, setzt er alles daran sie wiederzukommen. 

Antoine Fuqua ist als solider Handwerker bekannt, nicht als Visionär. Bei ihm weiß man stets, was man bekommt. So auch hier: der Plot ist komplett vorhersehbar, es werden sowohl auf der narrativen Ebene als auch hinsichtlich der Charaktere alle nur denkbaren Klischees bemüht. Die Geschichte wurde in ähnlicher Form schon hundert Mal erzählt. Der Überraschungsfaktor liegt also bei null. Selbst der Name des Protagonisten, Billy Hope, ist ein sprechender. Und doch ist Southpaw ein sehenswerter Film, denn über die vorstehend genannten Punkte hinaus gibt es wenig, was man ihm ankreiden kann. Kameraführung und Schnitt sind makellos, die Kämpfe gut choreografiert, der Score (eine der letzten Arbeiten des im vergangenen Jahr tödlich verunglückten Komponisten James Horner, dem der Film auch gewidmet ist) kann überzeugen und die Atmosphäre ist dicht und packend. Das größte Plus aber ist zweifelsohne Jacke Gyllenhaal, der den Film mit einer bärenstarken Leistung äußerst souverän über die zwei Stunden trägt. Der US-Amerikaner hat sich für meine Begriffe in den letzten Jahren zu einem der weltbesten Darsteller gemausert und verkörpert den zu Ruhm gekommenen Straßenkämpfer mit beängstigender Intensität. Hopes ungezügeltes Temperament und seine Unfähigkeit, seine Aggressionen zu kontrollieren, machen ihn einerseits zu einem herausragenden Boxer, sind andererseits aber auch mitverantwortlich für den Tod seiner Frau und seinen darauf folgenden Totalabsturz. Hätte er sich nicht provozieren lassen, wäre er mit seiner Frau einfach nach Hause gefahren - nichts wäre passiert. Und obwohl er das weiß, gelingt es ihm nur mühsam und mit externer Hilfe, seine Aggression in den Griff zu bekommen. Sein Antrieb ist dabei keineswegs die eigene Einsicht sondern vielmehr die Aussicht, das Sorgerecht für seine Tochter zurückzubekommen.

Fuqua macht daraus einen klassischen Dreiakter: im ersten Film Drittel sieht man Hope obenauf und noch im Genuss ungetrübten Familienglücks, im zweiten Drittel wird sein Absturz ausführlich thematisiert bevor er sich schließlich im letzten Drittel wie Phönix aus der Asche erhebt. Dass das alles trotzdem nicht nur spannend und unterhaltsam sondern auch emotional packend ist, liegt an den oben beschriebenen Qualitäten und ein Stück weit vielleicht auch an der Erwartungshaltung, mit der man einem Fuqua-Film gegenüber hat. Diese jedenfalls wird in vollem Umfang erfüllt.

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