Sonntag, 23. April 2017

WATERLOO ( Sergey Bondarchuk, 1970)

Give me night or give me Blücher!

Wie der Filmtitel schon erahnen lässt, stellt Waterloo die Herrschaft der hundert Tage in den Mittelpunkt der Erzählung und insbesondere natürlich die berühmte Schlacht, die die endgültige Niederlage Napoleons bedeutete. Die Handlung beginnt mit der Abdankung des Kaisers und der anschließenden Verbannung nach Elba. Napoleons Flucht und seine Machtergreifung werden relativ zügig abgehandelt, bevor dann die Vorbereitung für die große Schlacht in den Mittelpunkt rückt.

Die Regie hat seinerzeit der Russe Sergey Bondarchuk übernommen, den man vor allem mit der filmischen Umsetzung des Tolstoi-Romans Krieg und Frieden in Verbindung bringt. Waterloo inszenierte er in der Art eines Schachspiels, in dem sich die begnadeten Strategen Napoleon und der Duke of Wellington gegenüber stehen, darauf lauernd, dass der jeweils andere einen Fehler macht. Dabei gewährt er dem Zuschauer auch immer wieder Einblicke in die Gedankenwelt der Protagonisten, indem er sie aus dem Off sagen lässt, was ihnen gerade durch den Kopf geht. Insbesondere der Franzose ist voller Selbstzweifel - ungeachtet seines siegessicher Auftretens seinen Leuten gegenüber - und zudem von heftigen Magenschmerzen geplagt, die es ihm zeitweise unmöglich machen, die Befehlsgewalt über die Truppen auszuüben. Doch auch Wellington ist keineswegs so siegesgewiss wie er nach außen tut, denn ihm ist auch klar, dass Sieg oder Niederlage nicht zuletzt davon abhängen, ob die preußische Armee unter Blüchers Führung rechtzeitig eintreffen wird. Es gelingt dem Film insgesamt recht gut, die herausragenden strategischen Fähigkeiten der Protagonisten herauszustellen, ohne sie dabei zu übergroßen Helden zu stilisieren.

Das Beindruckendste an Waterloo aber sind zweifellos die überwältigenden Massenszenen mit teils Zehntausenden von Statisten. Für die Dreharbeiten konnte Bondarchuk auf mehr als 15.000 sowjetische Soldaten zurückgreifen. Um das Schlachtfeld realistisch zu gestalten, wurde ein immenser Aufwand betrieben und umfangreiche Umgestaltungen der Landschaft vorgenommen. Das Ergebnis ist geradezu atemberaubend. Ich habe es an anderer Stelle schon mehrfach gesagt: egal, wie perfekt die heutzutage eingesetzten CGI sind und wie weit der technologische Fortschritt Filmemacher in die Lage versetzt, Massenszenen am Computer entstehen zu lassen: eine Schlacht mit mehreren tausend echten Menschen und lebenden Pferden ist etwas völlig anderes. Und Waterloo schöpft hier wirklich aus dem Vollen. Man ergötzt sich als Zuschauer einfach an der schieren Masse der Soldaten und bekommt ein realistisches Gefühl dafür, wie derartige Schlachten tatsächlich abgelaufen sind.

Inwieweit die Abläufe in den Details den tatsächlichen Vorkommnissen entsprechen, ist umstritten und im Übrigen für den FIlm völlig unerheblich. Einen wichtigen Beitrag zum Gelingen liefern auch die beiden Hauptdarsteller Rod Steiger und Christopher Plummer, die beide in ihren Rollen vollauf überzeugen können. Insbesondere Steiger begeistert mit einer charismatischen Performance als zwischen Größenwahn und Selbstzweifeln hin- und hergerissener Anführer, der sich innerlich bewusst ist, dass er seinen Zenit längst überschritten hat.




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